Lucy meets New York 💋 Episode 3

Mein einziger Lichtblick, nach diesem Fiebertraum am Strand, ist meine heutige Schicht in der Bar. Ich brauch dringend Ablenkung. Vor ein paar Monaten konnte ich Dad überreden, mich öfter für die Abend- und Wochenendschichten einzuteilen. Warum ich das will? Money, baby. Was ich da an einem Abend Trinkgeld bekomme, verdienen manche nicht mal in einem Monat. Sorry not sorry.

Nachdem ich mich etwas beruhigt und festgestellt habe, dass ich das Haus gerade für mich alleine habe, beschließe ich das volle Beauty-Programm durchzuziehen. Badewanne. Schaum. Kerzen. Haare. Make-Up. Ein kühles Getränk. Oder mehrere.

Mit frisch gewaschenen Haaren, getuschten Wimpern und einem duftenden Kirsch- Lipgloss stehe ich in meinem pinken Bademantel vor meinem Kleiderschrank, um mir ein Outfit auszusuchen. Ich fühle mich so viel besser. Während ich mir einen roten Faltenrock, der knapp über meinem Knie endet, dazu ein weisses Crop Top und weisse Socken, die ich dann mit farblich passenden Turnschuhen kombiniere, anziehe (ich lebe für sexy und sportlich) telefoniere ich über Lautsprecher mit Anna, meiner besten Freundin. Wir lernten uns im Kindergarten kennen, hassten uns dort und sind jetzt die besten Freundinnen. Nur so ist es wahre Freundschaft, oder? „Du brauchst diesen Bikini unbedingt auch, Anna, vertrau mir! Er kostet eine halbe Niere, aber wie der sitzt, uff! Ich hab dir ein Bild geschickt, was sagst du?“ rufe ich in Richtung Handy, während es plötzlich gegen die Tür klopft.

Vor Schreck falle ich, hüpfend auf einem Bein, um die zweite weisse Socke anzuziehen, fast um. „Ich ruf dich zurück“ rufe ich ins Telefon und reisse die Tür auf, sicher nur Mum, die irgendwas von mir will. Matt lehnt im Türrahmen und mustert mich. Ich gehe instinktiv einen halben Schritt zurück, was will der denn jetzt? Er sieht mir zuerst in die Augen, was ihm einen kleinen Pluspunkt einbringt und wandert erst dann weiter, über mein Top, zu meinen Beinen. „Was willst du?“ frage ich ihn, während ich heimlich hoffe, ihm gefällt was er sieht. Ich hab sie echt nicht mehr alle. „Mich entschuldigen“ sagt er und fährt sich durch die nassen Haare. Geht er jetzt etwa auch schon duschen bei uns?

Ich schweige, verschränke die Arme vor der Brust und warte ab, ob da noch mehr kommt. So leicht kommt er mir nicht davon. „Dachte nicht, dass du ernsthaft auf New York stehst. Wenn du meinen Rat hören willst, solltest du dir für einen Umzug lieber eine andere Stadt, besser einen anderen Kontinent aussuchen“. Ich warte, ob er grinst, aber nein, er meint es tatsächlich ernst. Was ist sein verdammtes Problem mit New York? Hold on, eigentlich will ich es gar nicht wissen.

„Und das von jemandem der New York vermutlich selbst nur aus einer schlechten Netflix Serie kennt. Träum weiter! Sonst noch was? Ich hab zu tun“ Ich bin bereits dabei, die Tür wieder zu schließen, aber er ist schneller und drückt sie mit einer Hand wieder auf. „Was soll das?“ Verdammt, warum ist der so stark? „Es ist ziemlich kalt draussen, du solltest dieses Outfit nochmal überdenken“ er zeigt mit dem Finger auf meine nackten Beine. Was für ein Klugscheißer. „Ja danke Dad, ist mir klar, wars das jetzt?“ kontere ich und hoffe das dieses Gespräch nun ein Ende hat. Er sieht mir gefühlt eine Ewigkeit in die Augen, als würde er überlegen ob und was er noch sagen könnte.

„Was auch immer Anna sagt, wenn du mich fragst, ist der Bikini definitiv eine 10/10“ meint er jetzt grinsend und nimmt die Hand von der Tür. Omg, hat er etwas mein Telefonat gehört? Meine Wangen werden rot, ich kann es fühlen. „Ich frag dich aber nicht“ rufe ich und schmeiße die Tür zu, bevor er merkt, dass ich mich innerlich ernsthaft über das Kompliment freue. Ich höre noch wie er leise lacht und weggeht. Idiot.

3 Tage später ist Anna endlich wieder da. Sie war mit ihren Eltern in Italien shoppen und hat mir ein richtig süsses Kleid mitgebracht. Ich quietsche und umarme sie stürmisch, Anna weiss genau was mir gefällt und im Ort etwas zu finden ist….naja ich sag nur soviel: es gibt einen(!) einzigen Klamottenstore im Umkreis von 50km, der von einer 70-jährigen süssen Dame namens Margaret geführt wird. Ich wünschte ich könnte sie nach New York mitnehmen. Also Anna, nicht Margaret.

Ihre Eltern haben vor Jahren die örtliche Bäckerei übernommen und gerade eine weitere im Nachbarort eröffnet, Anna ist dort ziemlich eingespannt, trotzdem übernimmt sie manchmal eine Schicht mit mir in der Bar, was jedes Mal ein Highlight ist. Wir verstehen uns blind. Einmal im Monat haben wir ein nicht verhandelbares Date, auch bekannt unter dem wenig verbreiteten Namen Girlsnight. Wir übernachten mal bei mir, mal bei ihr, schminken uns, beraten was wir anziehen, quatschen und verziehen uns in die Bar auf ein paar Drinks.

Wenn wir zu zweit unterwegs sind, sind wir ein ziemlicher Blickfang. Nicht weil wir uns so ähnlich sehen, eher weil wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Wir haben ungefähr die gleiche Größe, aber das wars auch schon. Anna hat schwarzes, schulterlanges Haar, ziemlich dunkle, fast schwarze Augen, während ich langes blondes Haar und blaue Augen habe. Fun Fact: Anna steht absolut auf blonde, blauäugige Typen, während ich diese Surfertypen total abtörnend finde, schwarze Haare, dunkle Augen, trainiert und gebräunt dagegen….uff. Wir kommen uns also nie in die Quere, absoluter Jackpot.

„Anna, ich bin verliebt in dieses Kleid, ich muss dringend auch nach Italien, wie cute sieht das bitte aus?“ Während ich mich vor dem Spiegel in meinem Zimmer hin und her drehe, fühle ich mich wie eine Prinzessin, nur ein bisschen nuttiger. Das Kleid hat einen V-Ausschnitt der weder zu viel, noch zu wenig Haut zeigt. Süsse schlichte Träger, an der Taille eng und geht dann leicht auseinander, bis es knapp unter dem Po mit leichten Falten etwas breiter endet. Es passt wie angegossen. Anna hat für mich Rot gewählt und für sich selbst den gleichen Schnitt in Blau. Um es kurz zu machen: wir sehen heiß aus. Wimperntusche und glänzende Lippen, unsere Outfits sind heute genug Statement. Süsses Kleid mit Turnschuhen: unser favorite Stil, oben sexy, unten sportlich. Weisse Sneaker gehen immer UND wir können länger als 5 Minuten darin laufen.

Während wir nach unten gehen höre ich Brain’s Stimme. Er hat das Zimmer neben meinem. Leider. „Lucy? Wo willst du hin? Weiss Mum Bescheid?“ Er kommt ans Treppengeländer und 2 Sekunden später sind auch Chris, der nur Augen für Anna hat und Matt, der ein paar Schritte hinter ihnen stehen bleibt, im Flur. „Hast du sie noch alle? Warum sollte Mum Bescheid wissen? Bin ich 12 oder was?“

Er ignoriert meine Frage, wie immer. „Ich komme mit, so wie ihr angezogen seid, braucht ihr Begleitschutz“ meint Brain und ich lache. „Sicher nicht, das kannst du vergessen, also dann, bye“. Ich kann es mir nicht verkneifen und sehe kurz zu Matt, der mich ebenfalls ansieht. Ich kann seinen Blick nicht deuten, er sagt nichts, sein blödes Grinsen ist weit und breit nicht zu sehen, seine Hände sind in seiner grauen Jogginghose vergraben. Der Schlabberlook von allen kann nur bedeuten, dass sie gerade am zocken sind.

Bevor Brain wirklich ernst macht, werfe ich die Tür hinter uns ins Schloss. Anna starrt mich an. „Was ist, haben wir was vergessen?“ frage ich sie. „Das ist Matt? Du hast vergessen zu erwähnen, wie heiss er ist und das sage ich, obwohl er absolut nicht mein Typ ist.“ „Tja, da er ja gefühlt mein neuer Bruder ist, so oft wie er hier ist, wäre das wohl unangebracht“ Anna lacht laut auf. „Süsse, wie der dich eben angesehen hat, hatte nichts Brüderliches“. „Dann hättest du mal Chris Blick sehen sollen“ gebe ich zurück und wir kichern wie Schulmädchen. Brian lag wohl doch nicht so falsch, kurz wieder 12 geworden. Aber hey, Bestätigung tut immer gut, kann mir keiner was anderes erzählen. Vor allem nach den letzten Tagen.

Lucy meets New York 💋 Episode 3